Wenn plötzlich die Witwenrente die Existenzgrundlage ist

Der plötzliche Tod des Ehepartners ist für die Familienangehörigen ein schwerer Schicksalsschlag. Hat der Verstorbene für den Unterhalt der Familie gesorgt, ist es nicht nur der Verlust eines nahe stehenden Menschen, sondern auch die Sorge um die zukünftige wirtschaftliche Existenz. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann der Hinterbliebene Ehepartner eine Witwen- oder Witwerrente beantragen. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden und wie hoch ist die Witwen- oder Witwerrente.

Voraussetzungen

Frau von hinten - © Wolfgang Ehrecke © Wolfgang Ehrecke
Witwen- oder Witwerrente wird gewährt, wenn der verstorbene Ehepartner die allgemeine Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren erfüllt oder bereits eine Rente bezogen hat. Ist der Tod Folge eines Unfalls, ist die Wartezeit erfüllt, wenn mindestens ein Pflichtbeitrag eingezahlt wurde. Zum Zeitpunkt des Todes muss die Ehe rechtsgültig bestanden haben. Ist die Ehe ab dem 1.1.2002 geschlossen worden, wird eine Witwen- oder Witwerrente nur noch gezahlt, wenn die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat. Hat die Ehe jedoch weniger als ein Jahr gedauert, ist ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente nur möglich, wenn die Ehe nicht überwiegend aus Versorgungsgründen geschlossen wurde, damit später eine Witwen- oder Witwerrente gezahlt wird. Wurde ein Rentensplitting unter Ehegatten durchgeführt, entfällt die Witwen- oder Witwerrente.

Höhe der Witwen- bzw. Witwerrente
Bei der Witwen/werrente wird zwischen der „großen“ und „kleinen“ Witwen/werrente unterschieden. Die „große“ Witwen/werrente wird gewährt, wenn z.B. die Ehefrau nicht wieder geheiratet hat

  • das 45 Lebensjahr vollendet hat oder (2020= 45 Jahre + 9 Monate)
  • ein waisenberechtigtes Kind unter 18 Jahren erzieht, oder
  • ein behindertes Kind versorgt, oder
  • selbst  erwerbsgemindert ist.

Nach dem alten Recht beträgt die „große“ Witwen/werrente 60% der Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. 60% der Versichertenrente des Verstorbenen Versicherten. Hat der Verstorbene z.B. 2.500 Euro brutto monatlich verdient, resultiert daraus eine volle Erwerbsminderungsrente von ca. 830 Euro. Die genaue Höhe der Erwerbsminderungsrente kann im Rahmen einer Rentenauskunft erfragt werden bzw. wird dem Versicherten in regelmäßigen Abständen von der Deutschen Rentenversicherung mitgeteilt. Bei einer Erwerbsminderungsrente von 830 Euro würde die Witwen/werrente somit ca. 500 Euro im Monat betragen. Ab 2012 wird die Altersgrenze stufenweise vom 45. Lebensjahr auf das 47. Lebensjahr angehoben, so dass ab  2029  die Altersgrenze von 47 Jahren gilt.
Ab dem 01.07.2014 hat auch die sogenannte Mütterrente Auswirkungen auf die Witwen/werrente. Die Hinterbliebenenrente kann geringer ausfallen, wenn die Erziehungszeiten dem Hinterbliebenen angerechnet werden. Sie erhöhen das Einkommen. Liegt das Einkommen oberhalb des Freibetrages von 902,62 Euro wird es zu 40% auf die Witwen/werrente angerechnet und kann somit die Witwen/werrente mindern. Wurden die Kindererziehungszeiten den Verstorbenen angerechnet, erhöht sich die Witwen/werrente. für vor 1992 geborene Kinder um aktuell jeweils 2,5 Entgeltpunkte. Ist der Ehepartner vor dem 63. Lebensjahr gestorben, wird die Witwen/werrrente um einen Abschlag gekürzt.

Neues Recht
Für die Geburtsjahrgänge nach dem 1.1.1962 oder Eheschließung nach dem 31.12.2001 gilt das neue Recht. Hiernach beträgt die „große“ Witwen/werrente nur noch 55% der vollen Erwerbsminderungsrente bzw. der Versichertenrente des Verstorbenen. Nach dem neuen Recht, wird die Kindererziehung zusätzlich mit persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt und zwar bei einem Kind und durchgehender mindestens 3-jähriger Erziehung mit 2 Entgeltpunkten. Das sind im Jahr 2020 zusätzlich 68,38 Euro zur Witwen/werrente in den alten Bundesländern. Für jedes weitere Kind um 34,19 Euro. Der Zuschlag beginnt mit dem 4. Kalendermonat nach dem Tod des Ehepartners. Überschreitet die Witwen/werrente zusammen mit dem Zuschlag die volle Monatsrente des Verstorbenen, wird der Zuschlag gekürzt.

Die kleine Witwen/werrente
Sind die genannten Voraussetzungen für die „große“ Witwen/werrente nicht erfüllt, besteht Anspruch auf die „kleine“ Witwen/werrente. Sie beträgt 25% der Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. der Versichertenrente und wird nach dem alten Recht zeitlich unbegrenzt gewährt. Nach dem neuen Recht ist die „kleine“ Witwen/werrente auf 24 Monate nach dem Tod des Ehepartners begrenzt. Auch bei dieser Rente wird ein Kinderzuschlag bei Kindererziehung gezahlt. Er beträgt zusätzlich 30,04 Euro bei einem Kind. Für jedes weitere Kind 15,02 Euro. Bei einem Bruttogehalt von 2.500 Euro monatlich beträgt die volle Erwerbsminderungsrente ca. 830 Euro monatlich. Hieraus resultiert eine „kleine“ Witwen/werrente von 208 Euro monatlich. Die Witwen/werrente fällt bei Wiederheirat mit Ablauf des Monats der Eheschließung weg. Bei der Wiederheirat erfolgt bei der „großen“ Witwen/werrente eine Abfindung mit dem 24- fachen durchschnittlichen Monatsbetrag der Rente, die in den letzten 12 Kalendermonaten von der Deutschen Rentenversicherung gezahlt wurde. Die „kleine“ Witwen/werrente wird  mit den bis zum Ende der ursprünglichen Befristung zustehenden Beträgen abgefunden.

Hinzuverdienst
Bei der Hinterbliebenenrente sind viele Versicherte auf zusätzliches Einkommen angewiesen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Zusätzliches Einkommen wird aber auf die Witwen/werrente angerechnet, wenn es einen festgelegten Freibetrag übersteigt. Der Freibetrag beträgt 2020 902,62 Euro und ist mit dem aktuellen Rentenwert  verknüpft (das 26,4-fache des ARW). Somit erfolgt eine regelmäßige Anpassung. Außer der steuerfreien Einnahmen und Einnahmen aus Altersvorsorgeverträgen soweit sie staatlich gefördert worden sind, werden nahezu alle Einkommensarten angerechnet. Hierzu werden zunächst die Bruttobeträge des Einkommens von der Rentenversicherung ermittelt. Hiervon werden Pauschalbeträge, die je nach Einkommensart unterschiedlich sind abgezogen, um das Nettoeinkommen zu erhalten. Sind Kinder zu berücksichtigen, gilt ein Freibetrag je Kind von 191,46 Euro (das 5,6-fache des ARW). Übersteigt das Nettoeinkommen den Freibetrag, werden 40% des übersteigenden Betrages auf die Rente angerechnet.
Beispiel: Witwenrente 500 Euro monatlich, Zusätzliches Einkommen aus Arbeitsentgelt jährlich 24.000 Euro (monatlich 2.000 €), keine Kinder.

Bruttowitwenrente   500,00 Euro
Einkommen aus Arbeitsentgelt       

2.000,00 Euro

40% Pauschalbetrag                    800,00 Euro
 
Verbleiben netto  1.200,00  Euro
Abzüglich Freibetrag                                902,62 Euro
Netto über Freibetrag                             297,38 Euro
 
Davon werden 40% angerechnet           118,95 Euro
 
Ergibt eine Witwenrente von                 

381,05 Euro

Bei einem Arbeitsentgelt von 2.000 Euro monatlich wird die Witwenrente um 118,95 Euro gekürzt, so dass die monatliche Witwenrente noch 381,05 Euro beträgt. Bei der Einkommensanrechnung sind Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen zu berücksichtigen.

Fazit
Ohne zusätzliches Einkommen reicht die Witwen- /Witwerrente in den überwiegenden Fällen zum Lebensunterhalt nicht aus. Besonders Problematisch wird es, wenn finanzielle Verpflichtungen wie Zinsen und Tilgung zu leisten sind. Es bleibt dringend zu empfehlen, frühzeitig zur Absicherung der Familie eine Risikolebensversicherung abzuschließen.

Autor: Hermann Brengelmann

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