Beschäftigung von ausländischen Saisonarbeitskräften

Viele landwirtschaftliche Betriebe mit Sonderkulturen sind auf ausländische insbesondere osteuropäische Saisonarbeitskräfte angewiesen. Neben den Regelungen zu Tarifabschlüssen und Mindestlohn sind für die Betriebsleiter zurzeit die Einreise- und Quarantänebestimmungen von Bedeutung. Außerdem müssen sie viele arbeitsrechtliche, sozialrechtliche und nicht zuletzt steuerrechtliche Vorschriften beachten. Die wichtigsten Regelungen erfahren Sie in folgendem Beitrag.

In Niedersachsen hat die Spargelernte begonnen. Mit steigenden Temperaturen sind wachsende Erntemengen zu erwarten. - © Jai79/Pixabay © Jai79/Pixabay
Regelungen zum Arbeitsschutz und zur Quarantäne

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat in den Rahmenbedingungen für Saisonbeschäftigte in der Landwirtschaft  im Hinblick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Corona-bedingten Vorgaben die wichtigsten Maßnahmen und Regelungen zusammengefasst. In Bezug auf Einreiseregelungen und Quarantäneanordnungen gibt es bundeseinheitliche Rahmenbedingungen. Die genauen Details der Quarantänemaßnahmen regeln die einzelnen  Bundesländer. Bitte informieren Sie sich auf den Seiten Ihres Bundeslandes und bei ihrem zuständigem Gesundheitsamt. 
Beim Robert-Koch-Institut, demBMEL und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) erhalten sie aktuelle Hinweise sowie Hinweisblätter, Formulare zu den aktuellen Bestimmungen im Hinblick auf Einreisebestimmungen, Risikogebiete, Testpflichten etc.

Wer darf in Deutschland eine Saisonbeschäftigung aufnehmen?

Bürger aus EU-Mitgliedsstaaten benötigen zur Arbeitsaufnahme in einem anderen EU-Staat keine Arbeitserlaubnis mehr. Das gilt auch für die Art, die vorausgesetzte Qualifikation sowie die Dauer der Beschäftigung. Sie sind inländischen Personen gleichgestellt („uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit“). Somit können EU-Bürger zu jeder Zeit eine Beschäftigung als Erntehelfer in Deutschland antreten.
Bürger aus „Nicht EU-Staaten“, den so genannten Drittstaaten, können im Bereich der Land- und Forstwirtschaft als Saisonarbeitnehmer nur beschäftigt werden, wenn entsprechende Vermittlungsabsprachen zwischen Deutschland und dem Drittstaat bestehen. Für die Erntesaison 2022 gibt es eine Vermittlungsabsprache zwischen Deutschland und Georgien und der Republik Moldau. Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie im PDF-Dokument im Anhang.
Anders sieht es bei der Beschäftigung von Studenten aus Drittstaaten während der Semesterferien aus. Diese Personengruppe benötigt keinen Aufenthaltstitel sprich Visum der deutschen Auslandsvertretung des jeweiligen Herkunftsstaates. Allerdings ist ein Vermittlungsverfahren der Agentur für Arbeit für jeden einzelnen Studenten in einem Antragsverfahren bei der Agentur für Arbeit zwingend notwendig für die Einreise und Aufnahme einer Saisonbeschäftigung.      
Ausländische Studierende bzw. Schüler/-innen von Fachschulen haben die Möglichkeit, in Deutschland eine Ferienbeschäftigung mit einer Dauer von max. 90 Tagen innerhalb von 12 Monaten aufzunehmen, wenn sie durch die Bundesagentur für Arbeit vermittelt bzw. das Arbeitserlaubnisverfahren durchlaufen haben. Die Grundlage hierfür bildet §14 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung.
Zum Antragsverfahren der Agentur für Arbeit gelangen Sie über folgenden Link: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/arbeitskraefte/auslaendische-studierende-beschaeftigen

Unter dem gleichem Link können Sie auch Stellenangebote aufgeben für ausländische Studenten / Schüler zur Vermittlung durch die Agentur für Arbeit.

Arbeitsvertrag ist Pflicht

Für Saisonarbeitskräfte in Deutschland gilt deutsches Arbeits- und Arbeitsschutzrecht. Enthält der zuständige Tarifvertrag tarifliche Vereinbarungen, müssen diese beachtet werden. Zwingend erforderlich ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 2 des Nachweisgesetzes). Grundsätzlich sind befristete Arbeitsverträge immer schriftlich zu vereinbaren. Der Vertrag muss mindestens folgende Punkte beinhalten:
1. Name und Anschrift der Vertragspartner,
2. Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
3. bei Befristung die Dauer der Befristung,
4. Arbeitsort (falls der Arbeitnehmer nicht nur an einen bestimmten Ort tätig sein soll),
5. Beschreibung der Tätigkeit,
6. Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgeltes und deren Fälligkeit,
7. die vereinbarte Arbeitszeit,
8. Dauer des Urlaubs,
9. Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
10. Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
Gegebenenfalls sollte auch die Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung gemäß Sachbezugsverordnung im Arbeitsvertrag geregelt werden, wenn dies nicht in einem gesonderten Mietvertrag geregelt wird.

Anspruch auf Urlaub

Für osteuropäische Arbeitskräfte kommt wie für alle anderen Arbeitnehmer das Arbeitszeitgesetz und Bundesurlaubsgesetz zum Tragen. Die Arbeitszeit für Arbeitnehmer ist in § 3 des Arbeitszeitgesetzes geregelt. Die werktägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu 10 Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von 24 Wochen (oder 6 Kalendermonaten) 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Sinngemäß heißt das, dass alle Stunden, die über 48 Stunden (6 Tage x 8 Stunden) in der Woche hinausgehen innerhalb von 24 Wochen in Form von Freizeit ausgeglichen werden müssen. Um Streit zu vermeiden, sollte die Überstundenvergütung im Arbeitsvertrag geregelt sein. Die einzuhaltenden Ruhepausen nach dem Arbeitszeitgesetz betragen bei 6 bis 9 Stunden Arbeit mindestens 30 Minuten und bei mehr als 9 Stunden 45 Minuten.
Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt mindestens 4 Wochen. Das ergibt bei einer 6-Tage-Woche 24 Werktage und bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage.  Saisonarbeitskräfte sind meist kurzfristig beschäftigt und häufig unregelmäßig. Bei unregelmäßiger Beschäftigung errechnet sich der Urlaubsanspruch aus den durchschnittlichen Beschäftigungstagen des Jahres. Dazu lässt sich folgende Formel anwenden: Tatsächlich geleistete Arbeitstage (zum Beispiel 50), dividiert durch die Anzahl der Wochen (52) multipliziert mit 4 Wochen – ergeben 3,8 = 4 Arbeitstage Urlaub.

Entlohnung

Durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist der Lohn nach unten begrenzt. Alle tariflichen Ausnahmeregelungen sind seit 2017 abgeschafft. Eine Abweichung darunter ist nur für Pflichtpraktika sowie Freiwillige Praktika zur Berufsorientierung bis 3 Monate gestattet. Zudem wäre für Arbeitnehmer unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss und Langzeitarbeitslose ein geringerer Lohn zulässig. Bei Saisonkräften trifft dies in der Regel nicht zu, so dass der aktuelle Mindestlohn als Untergrenze zu verstehen ist und auch die weiteren Regelungen des MiLoG, wie z.B. die korrekte Stundenerfassung zwingend eingehalten werden müssen. Leistungs- oder Akkordlöhne sind zulässig wenn sichergestellt ist, dass eine geringere Leistung nicht zu einer Unterschreitung des Mindestlohns führt. Hier die stufenweise Höhe des Mindestlohns in den nächsten zwei Jahren. 
1.1.2021 - 30.6.2021:       9,50 Euro
1.7.2021 - 31.12.2021:     9,60 Euro
1.1.2022 - 30.6.2022:       9,82 Euro
1.7.2022 - 31.12.2022:   10,45 Euro.

Geringfügige Beschäftigung

  • Minijob
  • Kurzfristige Beschäftigung

Ein Minijob liegt vor, wenn das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt 450 Euro nicht überschreitet, das sind maximal 5.400 Euro im Jahr. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld zählen mit. Seit 1. Januar 2013 besteht für geringfügig Beschäftigte eine Rentenversicherungspflicht. Das heißt, der Arbeitgeber zahlt 15 % Rentenversicherung an die Minijobzentrale und der Arbeitnehmer einen Eigenanteil von derzeit 3,6 %. Damit führen beide insgesamt einen Beitrag von 18,6 % an die Rentenversicherung ab (allgemeiner Rentenversicherungsbeitrag 2021). Der Arbeitnehmer kann sich jedoch per Antrag von seinem Eigenanteil befreien lassen. Arbeitgeber zahlen außerdem 13 % Krankenversicherung und 2 % pauschale (Lohn-)Steuern. Die Umlage 1 (U 1) für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit beträgt bei der Minijob-Zentrale seit 1.10.2020 1,0 % des Arbeitsentgelts, zur Umlage 2 (U 2, Mutterschaftsleistungen) sind ab 1.10.2020  0,39 % des Arbeitsentgelts zu zahlen. Die Insolvenzumlage beträgt seit 1.01.2021 0,12 %. Insgesamt fallen für den Arbeitgeber bei einem Minijob an Sozialbeiträgen, Steuern und Lohnfortzahlungsversicherungen somit derzeit 31,51 % Abgaben an.
Die Anstellung in Form einer geringfügigen kurzfristigen Beschäftigung ist der Regelfall bei den Saisonkräften. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis im Voraus zeitlich begrenzt ist. Eine Befristung von max. 3 Monate bzw. 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr ist sozialversicherungsfrei, wenn die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeführt wird (z.B. Hausfrauen/-männer, Rentner, Studenten / Schüler). Möglich ist ein Rahmenarbeitsvertrag für ein Jahr mit maximal 70 Arbeitstagen. Soll der Arbeitnehmer auch im folgenden Jahr eingestellt werden, können die Beteiligten frühestens nach 2 Monaten Unterbrechung einen neuen Rahmenarbeitsvertrag abschließen. Der Arbeitgeber führt in diesem Fall die Lohnfortzahlungsversicherungen U1 (wenn die Beschäftigung länger als 4 Wochen dauert*) und U2 sowie die Insolvenzumlage, insgesamt 1,51 % an die Minijobzentrale ab. Berufsmäßigkeit liegt vor, wenn die Beschäftigung nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für die ArbeitnehmerIn ist. Arbeitslose etwa oder ArbeitnehmerInnen, welche im unbezahlten Urlaub, eine Erntehelfertätigkeit aufnehmen, tun dies berufsmäßig und sind daher sozialversicherungspflichtig für den Zeitraum anzustellen! Bei sozialversicherungsfrei angestellten ErntehelferInnen macht es Sinn eine Erntehelferkranken- und Unfallversicherung abzuschließen, damit im Krankheitsfalle eine Behandlung in Deutschland unproblematisch ist. Die Kosten einer solchen Versicherung belaufen sich auf 50-60 cent pro Tag und ErntehelferIn.  
Wer als Handwerker in seinem Heimatland selbständig ist und in Deutschland als Saisonkraft arbeitet, für den gilt ebenfalls deutsches Sozialversicherungsrecht. Das des Heimatlandes kommt wiederum dann zum Tragen, wenn die Helfer im Heimatland eine selbständige Tätigkeit ausüben, die der Saisontätigkeit in Deutschland ähnlich ist. Das wäre der Fall, wenn etwa ein in Polen selbständiger Landwirt als Saisonarbeitnehmer bei einem Landwirt in Deutschland arbeitet. Arbeitnehmer mit bezahltem Urlaub in ihrem Heimatland mit A1 Bescheinigung, sind im Heimatland versicherungspflichtig. Legt die Saisonarbeitskraft eine A1-Bescheinigung vor, gilt grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes. Wird diese Bescheinigung nicht vorgelegt, muss der „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit“ von der ausländischen Saisonkraft ausgefüllt werden, der dann Aufschluss gibt. Den Fragebogen können Sie in zehn verschiedenen Sprachen auf der Internetseite der SVLFG runterladen. Beide Dokumente muss der Arbeitgeber für Prüfungszwecke zu seinen Lohnunterlagen nehmen. Für Saisonarbeitskräfte, die während der Saisonarbeit in Deutschland weiter dem Sozialversicherungsrecht ihres Heimatlandes unterliegen, sind keine Umlagen zu zahlen.

Lohnsteuern pauschal oder auf „Lohnsteuerkarte“?

Für Saisonkräfte, die ausschließlich mit typisch land- und forstwirtschaftlichen Saisonarbeiten beschäftigt werden, ist eine Pauschalbesteuerung mit 5 % Lohnsteuer möglich (§ 40 Abs. 3 u. 4 EStG). Die Regelung gilt für Personen, die in Deutschland nicht länger als 180 Tage im Kalenderjahr arbeiten und keine ausgebildeten Fachkräfte der Landwirtschaft sind. Der Stundenlohn darf außerdem 15 Euro nicht überschreiten. Diese pauschale Lohnsteuer übernimmt der Arbeitgeber zu eigenen Lasten gegenüber seinem Betriebsstätten-Finanzamt. Es ist auch möglich einen „Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug für beschränkt Einkommensteuerpflichtige“ beim Finanzamt für jede SaisonarbeitnehmerIn zu stellen. Das Finanzamt weist die SaisonarbeitnehmerIn dann für die Dauer der Tätigkeit der Lohnsteuerklasse 1 zu. Wenn der Arbeitgeber diesen Antrag für die ArbeitnehmerIn stellt, ist ab 2019 eine Vollmacht der SaisonarbeitnehmerIn notwendig, damit das Finanzamt den Antrag bearbeitet. Aufs Jahr gerechnet bleibt die ErntehelferIn unter dem steuerlichen Grundfreibetrag zuzüglich Werbungskosten, so dass keine Lohnsteuer anfällt. Hier unterstützt das Lohn- bzw. Steuerbüro.    


Saisonarbeit in Deutschland

 Arbeitsverträge in der Grünen Branche

Autor: Dirk Lüvolding

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